Was jahrzehntelang als undenkbar galt, soll nun Realität werden: Ab 2027 will Mercedes-Benz in einigen Modellen Motoren von BMW einsetzen. Das berichtet das Manager Magazin – und sorgt damit für Aufsehen in der Autoindustrie.

Ein Tabubruch mit Symbolkraft
BMW und Mercedes – das waren über Jahrzehnte zwei Rivalen, die sich gegenseitig antrieben, aber niemals gemeinsame Wege bei Kernkompetenzen wie dem Motorbau gingen.
Dass ausgerechnet die Stuttgarter ab 2027 Vierzylinder-Triebwerke aus München übernehmen wollen, wäre noch vor 10 oder 15 Jahren einem Sakrileg gleichgekommen. Doch die Zeiten haben sich geändert.
Mercedes greift damit zu einer Lösung, die aus heutiger Sicht logisch erscheint: Der Stern erhält damit moderne Verbrennertechnik, ohne selbst Milliarden in die Weiterentwicklung investieren zu müssen.
Auf den Zylinderkopf wird wohl kaum „Powered by BMW“ stehen – aber der Gedanke allein hätte früher ausgereicht, um die Fangemeinden beider Marken in Aufruhr zu versetzen.
Warum Mercedes auf BMW angewiesen ist
Die Entscheidung fällt nicht zufällig. Unter CEO Ola Källenius setzte Mercedes in den vergangenen Jahren konsequent auf Elektromobilität. Entwicklungsressourcen für neue Verbrenner wurden massiv gekürzt, Motoreningenieure in Vorruhestand geschickt oder umgeschult. Mit dem drohenden Verbrenner-Aus in der EU schien dieser Schritt logisch – doch der Markt entwickelte sich langsamer als gedacht.
BMW hingegen fuhr eine Doppelstrategie: Elektromobilität ja, aber nicht ohne die Weiterentwicklung klassischer Verbrenner. Die Münchner hielten ihre Werke flexibel und können auf einer Linie sowohl Elektro- als auch Benzinmodelle fertigen. Dieses Vorgehen zahlt sich nun aus: BMW verfügt über eine moderne Vierzylinder-Familie, die ab 2027 auch in Mercedes-Modellen arbeiten soll – teils mit Plug-in-Hybrid-Technik.
Produktion in Österreich – Jobs im Spiel
Die Kooperation könnte auch für Österreich bedeutend werden. Denn rund die Hälfte aller BMW-Motoren stammt aus dem Werk Steyr in Oberösterreich, dem größten Motorenwerk des Konzerns.
Sollte Mercedes tatsächlich BMW-Aggregate übernehmen, könnten auch dort künftig Triebwerke für Stuttgarter Modelle vom Band laufen.
Bitter für das Mercedes-Image
So logisch der Schritt aus wirtschaftlicher Sicht ist, so schmerzhaft ist er für das Image. Der Stern hat sein Renommee jahrzehntelang auch mit eigenständigen Motoren aufgebaut.
Dass ausgerechnet das prestigeträchtige Geschäft mit den Antrieben teilweise ausgelagert wird, wirkt für viele Beobachter wie ein strategisches Eingeständnis: Die „All-in“-Strategie auf Elektroautos war zu einseitig.
Besonders pikant: Erst kürzlich brachte Mercedes den neuen CLA mit gemeinsam mit Geely entwickelten Motoren auf den Markt. Sollte dieser bald durch BMW-Technik ersetzt werden, wäre das ein stilles Eingeständnis, dass die aktuelle Lösung nicht den Ansprüchen genügt.
BMW im Vorteil
Für BMW ist die Partnerschaft dagegen eine Bestätigung der eigenen Strategie. Die Münchner haben es geschafft, sich in einer schwierigen Transformationsphase „wettersicher“ aufzustellen.
Die Vierzylinder aus München und Steyr gelten als technisch führend – sparsam, leistungsstark und für Hybridisierung vorbereitet. Dass diese Aggregate bald auch in Mercedes-Modellen arbeiten könnten, ist ein Ritterschlag.
Schon einmal gescheitert
Ganz neu ist die Idee einer Kooperation nicht. Bereits 2009 hatten BMW und Mercedes über eine technische Zusammenarbeit gesprochen – damals ging es um Getriebe und Hybridkomponenten.
Doch bei den Motoren zog man eine klare rote Linie, um die Eigenständigkeit der Marken zu wahren. Am Ende scheiterte das Projekt an unterschiedlichen Spezifikationen. Heute ist die wirtschaftliche Situation eine andere – und die Not größer.
Fazit: Zwischen Logik und Legende
Ob die Kooperation am Ende zustande kommt, bleibt abzuwarten. Fest steht: Für Mercedes wäre es ein tiefer Einschnitt in die eigene Identität, für BMW ein strategischer Sieg.
Am Ende könnte es heißen: Unter der Haube eines Benz schlägt ein Herz aus München – auch wenn man es am Emblem nie erkennen wird.