Als Mercedes-Benz Anfang der 1970er-Jahre die Baureihe W116 vorstellte, setzte der Hersteller neue Maßstäbe in Technik, Sicherheit und Fahrkomfort.
Die Limousine war nicht nur das erste Modell, das offiziell unter dem Namen „S-Klasse“ firmierte – sie verkörperte auch erstmals ein umfassendes Verständnis von Luxus als technischer Exzellenz.
Dabei war der W116 mehr als nur Statussymbol: Er war ein Entwicklungsträger, der die Branche nachhaltig beeinflussen sollte.

Ein Quantensprung in der Sicherheitsentwicklung
Die W116-Limousinen waren die ersten Serienfahrzeuge, die ein damals revolutionäres Sicherheitskonzept aufwiesen. Der Kraftstofftank wurde über der Hinterachse angeordnet, geschützt vor Aufprallkräften.
Der Innenraum war mit stark gepolstertem Armaturenbrett, versenkten Schaltern und einem neu entwickelten Sicherheitslenkrad ausgestattet. Besonders auffällig war die verstärkte Fahrgastzelle, die mit hochfesten Dachpfosten und verstärkten Türen passiven Schutz auf neuem Niveau bot.

Ein weiteres Highlight war die Doppelquerlenker-Vorderachse mit Bremsnick-Abstützung – ein Bauteil, das direkt aus dem Versuchsträger C111 übernommen wurde. Diese Konstruktion sorgte nicht nur für herausragende Fahreigenschaften, sondern machte die S-Klasse auch im Bereich aktiver Sicherheit zum Branchenführer.
Luxus und Technik auf V8-Niveau – und darüber hinaus

Von Anfang an wurde der W116 mit einer breiten Motorenpalette angeboten: vom 2,8-Liter-Reihensechszylinder (280 S und 280 SE) bis hin zum mächtigen V8 im 450 SEL. Die Krönung war jedoch der 1975 präsentierte 450 SEL 6.9 – ein technisches Monster mit 6,9 Litern Hubraum, 286 PS und 549 Nm Drehmoment.
Die hydropneumatische Federung und serienmäßige Komfort-Features wie Klimaanlage und Zentralverriegelung machten den 6.9 zur ultimativen Reiselimousine – und zum Mythos unter Enthusiasten.
Trotz seines gewaltigen Dursts verkaufte sich das Modell über 7.000 Mal – beachtlich für eine Luxuslimousine, die mehr als doppelt so teuer war wie der ohnehin teure 350 SE.
Früher Diesel – aus ökologischer Not geboren
Ein oft übersehener Meilenstein der Baureihe war der 300 SD – die erste S-Klasse mit Dieselmotor. Eingeführt 1978 ausschließlich für den nordamerikanischen Markt, sollte er helfen, den Flottenverbrauch gemäß US-Gesetzgebung zu senken.
Der aufgeladene Fünfzylinder war keine Rakete, erfüllte aber seinen Zweck. Und damit schrieb der 300 SD ein neues Kapitel: das der effizienten Luxuslimousine.
Technische Pionierleistung: Das erste ABS in einem Serienfahrzeug

Ein weiterer Geniestreich war 1978 die Premiere des Anti-Blockier-Systems (ABS) – erstmals serienreif und in einem Pkw erhältlich. In Zusammenarbeit mit Bosch entwickelte Mercedes ein System, das bei Vollbremsungen die Lenkkontrolle sicherte.
Heute Standard in jedem Kleinwagen, war das ABS im W116 seiner Zeit weit voraus und ein Wendepunkt in der Fahrzeugentwicklung.
Schutz mit System: Die gepanzerte S-Klasse
Für besonders gefährdete Kunden entwickelte Mercedes auch Sonderschutzvarianten. In enger Zusammenarbeit mit staatlichen Institutionen entstanden 292 gepanzerte Fahrzeuge – auf Basis der Modelle 350 SE, 450 SE und SEL.
Diese Wagen prägten das politische Bild der 1970er-Jahre, tauchten aber auch in tragischen Momenten auf – etwa als Anschlagsziele der RAF.
Ein leiser Abschied – aber ein bleibender Einfluss
Als 1980 der letzte W116 in Sindelfingen vom Band lief, war die nächste Generation bereits bereit. Die Baureihe 126 trat an, um den Erfolg fortzusetzen.
Doch trotz seines Alters hat der W116 bis heute seine Fans behalten – für manche ist er die „ehrlichste“ S-Klasse, gebaut ohne Sparzwang, dafür mit maximalem Ingenieursstolz.
Fazit
Der W116 war nicht nur das erste Fahrzeug mit dem S-Klasse-Label – er war eine Blaupause für alles, was danach kam. Er verband Innovationsgeist mit Komfort, setzte neue Sicherheitsstandards und erweiterte das Verständnis von Luxus um technische Brillanz. Wer heute einen gut erhaltenen W116 fährt, bewegt nicht nur ein Auto – sondern ein Stück Automobilgeschichte.